Proteste gegen Karstadt-Neubau gehen weiter!

Lukas Klatte

Es ist ein früher Morgen im November, draußen ist es windig, kalt und nass. Im Alice Rooftop Garden nahe dem Kurfürstendamm herrscht, die widrigen Rahmenbedingungen ignorierend, ausgelassene Stimmung. Mehr als einhundert Unternehmerund einige Unternehmerinnenherzen erwärmen sich hier nicht nur an geräuchertem Lachs und frisch gepresstem Orangensaft, sondern vor allem an der Aussicht auf den besonderen Gast des Tages. Entsprechend klingt es dann auch aah und ooh aus dem Publikum, als Jan Eder von der Berliner Industrie- und Handelskammer seinen Gast eine Stunde lang bauchpinselt.

Bedeutend für FriedrichshainKreuzberg ist das, weil der Gast und Hauptdarsteller dieses Schauspiels der Multimilliardär und Immobilienspekulant René Benko ist, dem neben vielen weiteren von ihm so genannten Trophy Assets in Berlin auch der Karstadt am Hermannplatz gehört. Sein Unternehmen, die Signa Prime Selection, möchte diesen abreißen, um am selben Ort für eine halbe Milliarde Euro einen monumentalen Neubau zu errichten. Die dann verdreifachte Nutzfläche soll durch eine moderne Shopping Mall mit Eventcharakter und durchmischter Nutzung bespielt werden. Im leidgeprüften Kreuzkölln weiß man, was von einem solchen Projekt zu erwarten ist und so hat sich nach Bekanntwerden der Pläne in Windeseile ein breit getragener Protest etabliert. Auch DIE LINKE in den betroffenen Bezirken hat sich früh und entschieden gegen den Bau ausgesprochen. Kritisiert werden vor allem der Abriss des denkmalgeschützten Gebäudes mit seiner Versorgungsfunktion für die umliegenden Kieze und die hohen Investitionskosten. Die vom Investor einkalkulierten Preissteigerungen werden die Anwohnenden zu tragen haben, ihnen und dem umliegenden Gewerbe droht die Verdrängung. Mitnahmeeffekte durch die umliegenden Grundeigentümer werden zu weiteren Preissteigerungen führen und anderen Investoren ein Signal geben: Am Hermannplatz startet die nächste Stufe der Verwertung.

Die sehr aktive Initiative Hermannplatz und das überaus große Interesse an der vergangenen Veranstaltung der LINKEN Friedrichshain-Kreuzberg zum Thema machen deutlich, dass das Vorhaben im Kiez nicht willkommen ist. René Benko indes zeigt sich bei eingangs beschriebener Veranstaltung unbeeindruckt. Er habe mittlerweile genug Erfahrung und Kapital, um den Protest auszusitzen. Er sagt, man werde das Gebäude sicher nicht so stehen lassen und etwas »schönes Neues bauen.«
Einen langen Atem haben wir allerdings auch. Gegen arrogante Investoren stellen sich nicht nur unsere Vertreter auf Bezirks- und Landesebene, sondern auch eine eigens gegründete Arbeitsgruppe Karstadt. Die Gruppe trifft sich am 10.3. um 18.30 Uhr in der Zeughofstraße 22 in Kreuzberg und ist mit einer Aktion am 14.3. auf dem Hermannplatz präsent. Interessierte sind bei beiden Terminen herzlich willkommen!

Lukas Klatte

klar.links Ausgabe #2 März/April 2020