Lobeckstraße 64 – Gefahrstoffgutachten nötig

Reza Amiri

ieter*innen wehren sich gegen Deutsche Wohnen (DW)

Die Deutsche Wohnen (DW) führt seit März 2019 im Haus in der Lobeckstraße 64 Modernisierungsmaßnahmen durch. Von ca. 120 Mietparteien haben 31 ihre Zustimmung zu den Baumaßnahmen verweigert und gründeten eine Initiative. Die Mieter*innen klagen über Wasserschäden, blockierte Fluchtwege, Ratten, herumliegende Baumaterialien, defekte Hausbeleuchtungen und Heizungen. Vor allem aber sind die Mieter*innen stark verunsichert, da Gefahrstoffe wie Asbest in der Lobeckstraße 64 verbaut wurden, die durch einen unsachgemäßen Umgang bei den Bauarbeiten, die Gesundheit der Bewohner*innen massiv gefährden könnten.

Die Umstände des Vorgangs sind leider geradezu typisch für die Aufwertungsstrategie der DW, dem größten privaten Wohnungskonzern auf dem Berliner Wohnungsmarkt. Die DW kauft gerne über Jahre vernachlässigte Immobilien und wertet diese mit umfassenden Modernisierungsmaßnahmen, die sie auf die Mieter*innen umlegen können, auf. So kommen schnell Mietsteigerungen von 20, 30 oder gar 50 Prozent auf die Mieter*innen zu. Problematisch hierbei ist: Viele dieser Modernisierungen sind eigentlich verschleierte Instandsetzungsarbeiten, die der Vermieter selbst finanzieren müsste.

Die Lobeckstraße 64 liegt in einem Milieuschutzgebiet in Kreuzberg – Modernisierungen sind hier zwar grundsätzlich möglich, allerdings muss das Bezirksamt den Maßnahmen zustimmen und die Mieter*innen müssen im Vorfeld durch den Bezirk informiert werden. Die Mieter*innen werfen aber dem Bezirksamt vor, nicht oder viel zu spät informiert worden zu sein. Darüber hinaus kritisieren sie – wie viele andere Mieter*innen der DW – dass Modernisierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen willkürlich vermischt werden.

Aus Unkenntnis oder Angst vor dem Wohnungsverlust haben nicht wenige Mieter*innen der Lobeckstraße 64 die Zustimmung zu den Modernisierungsarbeiten unterschrieben. Allerdings haben mehr als ein Viertel der Mieter*innen ihre Zustimmung verweigert. Die DW reagierte darauf, indem sie die Mieter*innen vor Gericht zerrte, um ihre Zustimmung zu den Modernisierungsmaßnahmen mit einer Duldungsklage zu erzwingen. Das Verfahren läuft noch.

Die Mieter*innen haben eine Riesenangst: Nicht nur davor, zukünftig die Miete nicht mehr zahlen zu können, sondern auch vor dem, was mit den Bauarbeiten auf sie zukommt. Umsetzwohnungen gibt es nur für kranke und behinderte Mieter*innen – und das, obwohl eine Asbestsanierung geplant ist, die die Gesundheit der Bewohner*innen gefährden könnte. Die Linksfraktion in der BVV Friedrichshain-Kreuzberg hat sich mit den Mieter*innen der Lobeckstraße 64 solidarisiert und unterstützt deren Forderung, ein Gefahrstoffgutachten zur Klärung der Gefährdungslage vom Bezirksamt beauftragen zu lassen. Mittlerweile zeigt der Druck der Mieter*innen und der Linksfraktion erste Wirkung: Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen hat im Februar in einer Beschlussempfehlung das Bezirksamt aufgefordert, die nichtöffentlichen Schadstoffgutachten der DW für die Lobeckstraße 64 zu prüfen und der BVV bis April einen Bericht vorzulegen.

Reza Amiri

klar.links Ausgabe #2 März/April 2020