Fällmoratorium gefordert

Anlässlich der geplanten Baumfällungen im Volkspark Friedrichshain und der dazu einberufenen Sondersitzung des Umweltausschusses am 17. August fordert der umweltpolitische Sprecher Mirko Assatzk:

1. das Bezirksamt auf, das Berliner Naturschutzrecht, insbesondere den § 29 Abs. 1, so aus-zulegen, dass ökologische Kriterien vor fiskalischen obsiegen;

2. ein Fällmoratorium im Volkspark Friedrichshain bis zur nächsten ordentlichen Sitzung des Umweltausschusses am 21. September;

3. eine Einzelfallprüfung, wenn es um wertvollen (Alt-)Baumbestand geht und wenn eine Fällung unumgänglich ist, eine fachkundige faunistische Überprüfung;

4. eine Überarbeitung der Kriterien für Ausschreibungen zur Vergabe von Baumpflegearbeiten und Vorlage dieser Überarbeitung zur nächsten ordentlichen Sitzung des Umweltausschusses;

5. dass das Bezirksamt beim Haushaltsausschuss die Anschaffung eines Resistograf, (ein Bohrwiderstandsmessgerät) sowie die Finanzierung der entsprechenden Personal-Schulung beantragt;

6. dass das Bezirksamt bei den Fachamtsleiterberatungen der Bezirke die Anschaffung eines Hubsteiger, der mit anderen Innenstadtbezirken gemeinsam betrieben und genutzt werden kann (Sharing), vorschlägt.

 

Ungeachtet der noch bis zum 30. September geltenden Vegetations- und Brutperiode und allen kritischen Einwänden und Protesten von Bürgerinnen und Bürgern zum Trotz gehen die Baumfällungen in unserem Bezirk weiter. Nun sollen auch im Volkspark Friedrichshain weitere elf große Bäume gefällt werden, nachdem bereits 60 (!!) gefällt worden sind. Die Zahl der auf bezirkseigenen Grundstücken gefällten Bäumen ist gestiegen: 2008 141 Bäume, 2009 200. Für dieses Jahr ist geplant, 222 Bäume zu fällen. Die Fällliste vom 6. Juli verzeichnete 172 Bäume in Friedrichshain und 50 Kreuzberg. Andererseits ist die Zahl der Pflanzungen gesunken: 2008 269 Bäume und 2009 210.

Unser Bezirk hat laut BUND - Experten bereits heute die wenigsten Bäume von allen 12 Berliner Bezirken. Dabei braucht die Innenstadt dringen die großen und alten Bäume, denn sie spenden Schatten, sie kühlen aufgeheizte Straßen, sie absorbieren klimaschädliches CO² und produzieren Sauerstoff. Sie binden außerdem Staub, ja sie dämmen sogar ein wenig Lärm. Eine 100 Jahre alte, freistehenden Buche verwertet bei sehr guten ökologischen Voraussetzungen 6 kg CO² am Tag und erzeugt 5 kg Sauerstoff. Wenn so ein Baum gefällt wird, kann der verloren gegangene ökologische Nutzen dieses Baumes nur durch 5.400 junge Bäume mit 0,5 m³ Kronenvolumen ersetzt werden. Die ökologische Leistung einer solchen Buche können Neupflanzungen erst nach einigen Jahrzehnten erbringen.

Die aktuellen Baumfällungen wurden von Fremdfirmen mit häufig fachlich nicht ausreichend qualifiziertem Personal unter Verstößen gegen Naturschutzrecht ausgeführt. Fällbegründungen bzw. -notwendigkeit konnten oft nicht nachvollziehbar erklärt bzw. Gutachten eingesehen werden. Der größte Skandal ist, dass Fremdfirmen auch noch mit der Untersuchung der Bäume auf Niststätten betraut werden, weil das Grünflächenamt über keinen Hubsteiger verfügt. Das macht den Bock zum Gärtner: Die beauftragte Firma wird eine amtliche Aufgabe übertragen und entscheidet dann darüber, ob Brut im Baum ist oder nicht. (Und damit über ihren Verdienst.)

Kontrollen fallen auch nur noch punktuell an, da nur wenig Personal vorhanden ist. Im Vergleich zu 1995 gibt es Amt kaum noch Arbeiter und fast nur noch Angestellte. in unserem Bezirk seit dem Frühjahr ein unbarmherziger Krieg gegen Bäume und Gehölze statt. Deshalb wird die Fraktion DIE LINKE auch weiterhin die nunmehr acht Bürgerinitiativen in ihrem Kampf und in Ihrem Engagement unterstützten, damit es zu diesem Paradigma-Wechsel kommt, dass ökologische Kriterien und Werte vor fiskalischen gestellt werden. In Wahrnehmung unserer Kontrollpflicht werden wir, diesem rechtswidrigen, stadtnaturfeindlichen, allen wohlfeil verkündeten Klima-, Natur- und Artenschutzzielen Hohn sprechenden Agieren Einhalt gebieten! − Das Outsourcing, die Vergabe von Grünpflege an Fremdfirmen aus Gründen der Kostenersparnis erweist sich auch in diesem, mit Blick auf das allgemeine Wohl so sensiblen Bereich auf der ganzen Linie gescheitert. Es bleibt politisch zu konstatieren, dass Daseinsvorsorge in kommunale Hand gehört, und dazu gehört auch ein gut ausgestattetes Amt für Umwelt und Natur.

(*) http://baumschutz.wordpress.com/2010/08/09/sommerfaellmoratoriu/

Mirko Assatzk (Nachfragen unter 0162/5441835)