Jetzt streikt’s!

Die massiven Preissteigerungen des letzten Jahres haben viele Menschen hart getroffen. Auch bei uns in Friedrichshain und Kreuzberg. Die Hilfsprogramme der Bundesregierung sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Sie haben die realen Einkommensverluste bestenfalls ein wenig verlangsamt, und der drastische Anstieg der Lebenshaltungskosten geht leider weiter.
Auch für die Gewerkschaften war es nicht leicht, kurzfristig auf die plötzliche Preisexplosion zu reagieren. Viele Tarifverträge waren bereits 2021 oder früher vereinbart worden und so im vergangenen Jahr erst einmal nicht kündbar. Selbst wer in einem tarifgebundenen Unternehmen arbeitet, musste dadurch 2022 meist einen Reallohnverlust hinnehmen: im Schnitt minus fünf Prozent, weil die steigenden Preise die bereits erkämpften Lohnzuwächse mehr als auffraßen. Für diejenigen, die gar nicht erst unter den Schutz eines Tarifvertrages fallen, sah es meist noch schlechter aus.
Umso wichtiger, dass jetzt immer mehr Beschäftigte mit ihren Gewerkschaften gegen diese Entwicklung aufbegehren. Sie fordern zumindest einen echten Inflationsausgleich und verleihen dem mit Streiks kräftig Nachdruck: in der Metall- und Elektroindustrie, bei der Post, an den Flughäfen, bei den Bahnunternehmen, in den öffentlichen Krankenhäusern sowie in vielen weiteren Bereichen des Öffentlichen Dienstes – und voraussichtlich bald auch im Einzelhandel.
Erste Erfolge zeigen: Wer entschlossen kämpft, kann so kräftige Lohnerhöhungen durchsetzen. Entsprechend nervös reagieren die Arbeitgeberverbände. Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände erdreiste sich bereits, die Einschränkung des Streikrechts zu fordern. Die Gewerkschaften wie auch DIE LINKE stellen sich einem solchen Ansinnen mit aller Vehemenz entgegen. Denn Tarifverhandlungen ohne Streikrecht, das wäre nichts anderes als kollektives Betteln.
Klar ist auch: Gute Tarifabschlüsse sind besser für alle. Denn höhere Löhne führen in der Folge auch zu einem höheren Rentenniveau. Und sie wirken sich mittelfristig positiv auf das gesamte Lohnniveau aus. Doch allein damit ist es nicht getan. Was wir brauchen, ist eine Bundesregierung, die die Beschäftigten und ihre Gewerkschaften aktiv dabei unterstützt, dass wieder mehr Menschen von Tarifverträgen geschützt werden. Aktuell ist dies nur noch jeder Zweite! Was es braucht, sind konsequente Maßnahmen gegen Tarifflucht und für die Ausweitung der Reichweite von Tarifverträgen. Und natürlich muss auch der Mindestlohn weiter angehoben werden. Ein Mindestlohn von 12 Euro ist angesichts der jüngsten Preisexplosion jedenfalls schon jetzt kaum mehr existenzsichernd. Auch dafür wird DIE LINKE zusammen mit den Gewerkschaften weiter Druck machen.

Pascal Meiser, Mitglied des Deutschen Bundestags