SPD-Bausenator plant neues Hochhaus für Reiche im Rudolfkiez

Wer kennt es nicht? Hat man ein Problem, zieht es gerne neue an. So ist es auch mit dem AmazonTower. Er ist ein Fremdkörper, störend, erschlagend. Doch ist er nicht mehr allein, deklariert man ihn zur Landmarke eines neuen Hubs von Hochhäusern. Ein Unfall des Städtebaus wird plötzlich zur stilbildenden Sinngebung. Eine drastische Fehlplanung wird weitere legitimieren – so die Strategie des Berliner Bausenators, Christian Gaebler (SPD).

An der Rudolfstraße 18, fast gegenüber dem Amazon-Tower, plant die Atrium Development Group GmbH einen Gebäudekomplex mit einem Hochhaus von 150 m. Entgegen der Planung des Bezirkes, entlang der Bahnanlagen ein Gewerbegebiet gerade auch für lautes Gewerbe festzulegen, intervenierte der Senat im März 2025 mit einer Weisung. Im vermeintlichen »Gesamtinteresse Berlins« verlangte er, im Gewerbegebiet »Rudolfband« auch Wohnen zu realisieren. Der Bezirk hatte Bedenken, denn Wohnen und lautes Gewerbe schließen sich i.d.R. aus. Der Bausenator zog das Vorhaben an sich, um den Bau des Hochhauses mit Hotel, Wohnen und Gewerbe zu sichern. Der Bauentwurf wurde am 21.07.2025 im Baukollegium der Senatsbaudirektorin Kahlfeldt präsentiert. Dort war bereits von einem »Dreiklang« von Hochhäusern die Rede, denn dem neuen an der Rudolfstraße soll noch ein Weiteres auf dem RAW-Gelände folgen. Auch dies wird bereits als »Fakt« kommuniziert, wenngleich der Bebauungsplan vom Bezirk noch nicht festgesetzt ist. Neue Hochhäuser zergliedern lebendige Quartiere, verschandeln oft eine gewachsene Stadtarchitektur. Fakt ist: Der Bau von Hochhäusern ist sehr kostenträchtig – je höher, desto teurer. Eine Grundregel besagt: Ab 60 m Höhe wird kein Wohnraum mehr zu leistbaren Mieten geschaffen. Folglich sollen laut aktueller Planung im Hochhaus an der Rudolfstraße 18 überwiegend freifinanzierte Wohnungen entstehen – also Eigentumsoder teure Mietwohnungen. Neuer Wohnraum, es klingt wie ein Lockruf. Aber für wen? Dreißig Prozent des Wohnungsneubaus muss preisreguliert angeboten werden. Diese sind in normaler Blockrandbebauung geplant. Der Turm wird ergo nicht für die Bedarfe vor Ort gebaut. Im Gegenteil: Der umliegende Wohnkiez ist bereits mit Grün- und Freiflächen unterversorgt. Die derzeitige Planung von 800 – 1000 Wohnungen wird den Mangel vergrößern. Statt Freiflächen, die zwingend vorgehalten werden müssen, wird maximale Baumasse anvisiert. Selbst, wenn diese reduziert wird, wofür sich das Baukollegium aussprach, verschärft sich ein bereits vorhandenes Problem. Das Gleiche gilt auch für die Entwicklung der Bodenpreise, die durch Hochhäuser stark nach oben getrieben werden.

Und hat der Kiez einen Bedarf für ein weiteres Hotel, das die Amano Group auf dem Nachbargrundstück vorsieht? Die Vorhaben auf beiden Grundstücken wurden in einem gemeinsamen Planungsentwurf zusammengefügt. Das Hochhaus ist nicht nur völlig unnütz für den Kiez, sondern auch schädlich. Es wird zudem als Argument dienen, weitere zu bauen. Man sollte ernsthaft versuchen es zu verhindern.

Gaby Gottwald, Mitglied in der BVV für die Linke, Sprecherin für Stadtentwicklung
klar.links Ausgabe #5 September/Oktober 2025