Beschlossen auf der Mitgliederversammlung am 4. April 2019 - Ausbürgerung verhindern!

Antrag an den Landesparteitag DIE LINKE. Berlin:

Der Landesparteitag möge beschließen:

Ausbürgerungen verhindern!

DIE LINKE. Berlin wendet sich gegen aktuelle Bestrebungen der SPD-Unions-geführten Bundesregierung, den Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft zu ermöglichen. Einen Entzug der Staatsbürgerschaft halten wir für geschichtsvergessen, migrationspolitisch katastrophal und verfassungswidrig.

Der Landesverband und unsere LINKEN Senator*innen werden gebeten, Maßnahmen zur Verhinderung zu ergreifen, dazu gehören beispielsweise Mittel der Öffentlichkeitsarbeit und ein abstraktes Normenkontrollverfahren nach Art. 93 I Nr. 2 GG, §§ 13 Nr. 6, 76 ff. BVerfGG gegen sämtliche neue Gesetzesänderungen, die der Bundestag zum Zwecke der Ermöglichung einer Ausbürgerung bzw. Entziehung der deutschen Staatsbürgerschaft verabschieden sollte, unabhängig davon, ob die betroffenen Personen mehrere oder allein die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen.

 

Begründung:

Das Grundgesetz setzt hohe Hürden an die Möglichkeit der Entziehung der Staatsbürgerschaft und enthält im Grunde ein Verbot der Entziehung der Staatsbürgerschaft in Art. 16 Abs. 1 GG. Nicht zuletzt als Lehre aus dem nationalsozialistischen Unrechtstaat, der politische Gegner willkürlich ausbürgerte, hat diese Regelung im Grundgesetz ihren Eingang gefunden. Das Grundgesetz sieht für eine Landesregierung die Möglichkeit vor, eine sogenannte abstrakte Normenkontrolle beim Bundesverfassungsgericht durchzuführen, sofern sie eine Norm des Bundes- oder Landesrechts für verfassungswidrig hält oder lediglich Zweifel hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit hegt. Unerheblich ist, ob die Norm tatsächlich verfassungswidrig ist oder nicht. Das Gericht prüft das Gesetz vollumfänglich, unabhängig von der Weite des Normenkontrollantrags und kann es gegebenenfalls für nichtig erklären.

Ausbürgerungen hat es in der Geschichte der Bundesrepublik nicht gegeben. Das Instrument der Ausbürgerung ist ein beliebtes Mittel diktatorischer Regime jeder Couleur. Im NS-Regime wurden Millionen Juden durch die Entziehung der Staatsbürgerschaft staatenlos. Den Tabubruch der Ausbürgerung hat in der bundesrepublikanischen Geschichte die AfD in ihrem Bundesprogramm gebrochen und das Bundeskabinett nun beschlossen.

Wir sehen darin das Potential einer brandgefährlichen politischen Entwicklung. Die Idee der Ausbürgerung läuft einem rechtlichen Gleichheitsverständnis zuwider und klassifiziert die Qualität der Staatsbürgerschaft in zwei Kategorien. In eine minderwertige, die aufgrund von Einbürgerung erworben ist und einer höherwertigen, die kraft Abstammung verliehen ist. Schließlich überprüft ein derartiger Normenkontrollantrag allein die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes durch das Bundesverfassungsgericht. Staatliche Akteure auf Bundes- als auch auf Landesebene sind gebunden an die Verfassung. Die Überprüfung von Gesetzen auf ihre Verfassungsmäßigkeit ist gegenüber den Koalitionspartnern daher durchsetzbar und durchzusetzen.