Keine Profite mit der Miete! - Wir sammeln für »Deutsche Wohnen & Co. enteignen«

Kerstin Wolter

Ende Februar ist das Volksbegehren »Deutsche Wohnen & Co. enteignen« in die zweite Sammelphase gestartet. Damit geht die Initiative große Schritte auf ihr Ziel zu, große Immobilienkonzerne wie Deutsche Wohnen und Vonovia mit einem Bestand ab 3.000 Wohnungen in gesellschaftliches Eigentum zu überführen.

Moment! Enteignen? Geht das denn überhaupt und muss das denn sein? Die Antwort ist zwei Mal: Ja. Denn der Mietenwahnsinn, der in Berlin und vielen anderen Städten um sich greift, führt immer schneller dazu, dass die Innenstädte nur noch für die Topverdiener*innen bewohnbar sind. Im Gegenzug werden diejenigen, die sich die teuren Mieten nicht leisten können, an den Rand verdrängt. Sie müssen ihre heimatlichen Kieze verlassen und dafür zum Teil lange Fahrtwege zur Arbeit auf sich nehmen. Das fördert die Trennung der Menschen nach Gehaltsklassen – die Reichen leben in der Innenstadt, die Ärmeren in den Außenbezirken. Die Menschen hinter der Kampagne »Deutsche Wohnen & Co. enteignen« wollen dieser Verdrängungskaravane den Weg abschneiden und den Mietenwahnsinn stoppen.

Doch warum treiben private Investoren die Mieten eigentlich in diese schwindelerregenden Höhen? Ganz einfach: Die großen Immobilienfirmen schlagen aus unseren Mieteinnahmen Profit. Hinzu kommt, dass Immobilienkonzerne wie Vonovia und Deutsche Wohnen kaum dazu beitragen, neuen Wohnraum zu schaffen. Der Ausgabenanteil für den Neubau liegt bei privaten Konzernen im niedrigen einstelligen Bereich, während landeseigene Wohnungsunternehmen wie die Gewobag mehr als ein Viertel ihrer Ausgaben in den Neubau investieren. Die Mär, dass wir die privaten Unternehmen für den Neubau bräuchten, entbehrt also jeglicher Grundlage. Was stattdessen stimmt ist, dass die großen Wohnungskonzerne mit sogenannten »Share Deals« beim Immobilienkauf die Grunderwerbssteuer umgehen und das Berlin jährlich Millionen Euro kostet. Kurzum: Wir können uns als Berliner*innen die großen privaten Immobilienunternehmen schlicht nicht leisten.

Deshalb müssen wir über Enteignung reden und über die Überführung von Deutsche Wohnen und Co. in eine Anstalt des öffentlichen Rechts – damit nicht nur einige wenige Private ber unser Wohnen entscheiden, sondern ein demokratisch gewählter Gesamtmieter*innenrat. Und ja, das ist erlaubt und kein unheimlicher Schatten aus längst vergangen realsozialistischen Zeiten. In vielen anderen Bereichen sind Enteignungen nach dem Grundgesetz (Artikel 14) längst gängige Praxis. Es gibt hunderte Verfahren jedes Jahr, z.B. für den Straßenbau oder Kohletagebaue. Der Artikel 15 unseres Grundgesetzes sieht die Vergesellschaftung im Sinne des Gemeinwohls explizit vor.

Wenn wir also jetzt auf den Straßen, unter den Kolleg*innen oder in der Familie Unterschriften sammeln, dann ist das keine verrückte Idee, sondern dann ist das unser Einsatz für eine solidarische Stadt und für die Steigerung unseres Gemeinwohls. Also, auf geht’s!

Kerstin Wolter, Bezirksvorsitzende
klar.links Ausgabe #2 März/April 2021